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freundin40
16.04.2007, 01:04
Hallo liebe Forum-LeserInnen,
ich erhoffe mir an dieser Stelle ein wenig Rat und vielleicht auch Trost....
Eine Freundin von mir ist stark übergewichtig. Wir kennen uns seit knapp 3 Jahren und tauschenuns über so einiges zwischen Himmel und Erde Exististierendes aus. Ihr Gewichtsproblem kommt nur selten zur Sprache von ihrer Seite aus. Wenn, dann bringt sie meistens eher einen lockeren, eher lustigen Spruch dazu. Zwischendurch kommt sehr selten mal eine Äußerung, durch die klar wird, dass sie sich schon Gedanken drüber macht. Ich habe von mir aus bis jetzt nie etwas dazu gesagt.
In der letzten Zeit beschäftigt sie etwas sehr. Sie zieht sich zurück, äußerte ab und an, dass sie innerlich etwas bearbeitet (das passiert schon öfter - auch vor dieser besagten momentanen Zeit), das sie aber alleine bewältigen muss, was auch okay für mich ist.
Vor Ostern hatte sie wider Erwarten zu einem netten Treffen zugesagt zusammen mit zwei anderen Freundinnen von mir. Mir war aufgefallen, dass es ihr nicht so toll gehen kann, außerdem habe ich wieder (wie sehr häufig) Situationen miterlebt, in denen ganz deutlich wird, was sie für Probleme durch ihr starkes Übergewicht hat. Eine davon war, dass sie relativ früh gegangen ist, weil sie nicht länger auf dem Stuhl sitzen konnte, da es ihr Schmerzen bereitete. Mich hat das alles sehr beschäftigt.
Ich hab mir zu Hause Gedanken über alles gemacht und dann gemerkt, dass ich ihr diese mitteilen muss. - Nach fast 3 Jahren zum ersten Mal. - Ich verfasste einen sehr einfühlsamen Brief. (Dies hat mir meine Frau* bestätigt, die ich zu Rate zog, weil dieses Thema erstens bei ihr gut aufgehoben ist und zweitens sie gut im Thema ist, da ihre Schwester ebenfalls an einer Essstörung leidet.) Ich war schon ein bisschen nervös, wie der Brief bei meiner Freundin wohl ankommen würde, als ich ihn in den Briefkasten warf. - Ich wählte die Schriftform, weil aus meiner Erfahrung heraus, ein Brief der Leserin die Möglichkeit lässt zu unterbrechen, beiseite zu legen... Das war Ostern.
Ich hatte gestern versucht, sie telefonisch zu erreichen, weil ich nichts von ihr gehört hatte - vergeblich. Ichhinterließ eine Nachricht auf ihrem AB.
Heute hatte ich eine von ihr auf meinem AB, ich rief später zurück und sie war sehr sachlich: Sie meinte, ich habe ihre Grenzen überschritten, denn sie ging davon aus, dass sie sie mir deutlich gezeigt hatte, dadurch dass Sie mir gesagt hatte, dass sie alleine durch etwas hindurch müsste. Außerdem habe sie nicht um meine Hilfe gebeten. - Ich sagte ihr, dass ich nicht ihre Grenze überschreiten wollte, sondern mich einfach mal äußern musste ihr gegenüber, hörte sie gar nicht zu sondern wiederholte sich nur. Ich fragte sie dann, wie das nun weitergehen sollte, ob wir normal miteinander umgehen könnten oder nur noch so seltsam miteinander reden könnten in Zukunft. Darauf meinte sie, dass sie Zeit bräuchte. Ich hab ihr dann gesagt, dass sie sich wieder melden soll, wenn sie soweit ist.

Dies war nun die Schilderung der momentanen Situation. Sorry, wenn das ein bisschen länger geworden ist.

Ich fühle mich jetzt auch nicht gerade gut. Ich weiß, dass ich an dieser Situation nichts machen kann momentan. Es liegt nun an ihr, sich zu melden. Das ist okay.
Ich weiß auch, dass ich mein Geschriebenes gar nicht zurücknehmen möchte, weil ich es auch meinetwegen sie wissen lassen musste. Immerhin war dies das erste und einzige Mal während 3 Jahre. Ich finde es ganz normal, dass es zum Thema nun auch zwischen uns ganz offen geworden ist, da es auch so augenscheinlich ist und ich es für mich bis jetzt hauptsächlich in mir bedacht hatte. Doch was wäre es für eine Freundschaft, wenn es totgeschwiegen sein müsste? Wenn ich es weiterhin möglichst ausklammern müsste, und so wie es jetzt aussieht, scheint es noch extrem wichtiger zu sein, dann kann unsere Beziehung nur noch oberflächlich sein, weil ich einen ganz wichtigen und ständig sehr präsenten Teil von ihr immer ausklammern müsste. Das kann doch nicht sein.

Ich bin nun hier bei Euch gelandet, weil ich hoffe, dass mir Jemand ein wenig Rat oder Unterstützung geben kann hierbei. Ich sehe bei meiner Freundin eben so viele alltägliche Situationen, in der das Leben für sie schwer ist und schwerer werden wird, wenn sie nichts für sich ändert. Ich finde es sehr schwer mitansehen zu müssen,wie sie sich langsam selber umbringt - und das ist Tatsache so, das kann Nichts und Niemand schönreden. (Das habe ich ihr auch geschrieben.
Wenn ich es mal so platt fragen darf: Ist ihr Verhalten ganz "normal" in ihrer Situation? Resultiert es aus der Tatsche, dass ich ihr Hauptthema ganz doll angepiekst habe und sie versucht sich zu schützen, in dem sie mich wegschiebt und so empfindlich reagiert?
Ich hoffe nicht, dass ich sie verloren habe, weil ich sie sehr lieb habe. - Auch das hatte ich ihr geschrieben. - Ichwerde allerdings auch nicht mit ihr leiden. Ich versuche mitzufühlen - ja. Ich kann ja auch verstehen, dass ein Mensch durch schlimmer Erfahrungen im Leben durch so ein Verhalten, wie zu viel zu essen, sich schützen will z.Bsp.. Doch mitLEIDEN werde ich nicht. Damit wäre ihr auch keineswegs geholfen. Im Gegenteil.

Bevor ich es jetzt noch länger und vielleicht auch komplizierter mache, schließe ich für heute.
Es wäretoll, wenn sich Jemand hierauf melden würde.

Viele Grüße
freundin40

* Eine Erklärung: Ich sprach weiter oben von meiner Frau. Ich bin selbst eine Frau und lebe mit einer Frau zusammen. Wir haben im letzten Jahr geheiratet.

Ruben
16.04.2007, 09:14
Hallo freundin40,
also ich würde das so beurteilen, dass Du alles richtig gemacht hast und dass
Dein Brief wirklich einfühlsam geschrieben war; das hört man schon deutlich
daran raus, wie Du hier schreibst.

Dass Deine Freundin sich nun Dir gegenüber falsch verhält, weiß sie vermutlich
selbst, aber ich würde annehmen, dass es einfach der Ärger über sich selbst ist,
den sie jetzt auf Dich reflektiert, weil Du ein Thema angesprochen hast, das sie
sehr belastet und mit dem sie nicht fertig wird.

Ich hoffe sehr, dass sie darüber nachdenkt und zu der Erkenntnis kommt, dass es
eigentlich wahre Freundschaft ausmacht, auch unangenehme Dinge anzusprechen,
anstatt diese zu verdrängen. Und mein Vorschlag wäre, ihr einfach die Zeit zu
geben, ihre Gedanken zu sortieren und sich bei Dir wieder zu melden. Sollte sie
Dir dennoch die Freundschaft kündigen oder sich nicht mehr bei Dir melden,
wäre das sehr schade, aber letztendlich nicht Dein Fehler. Jedenfalls finde ich
es richtig, dass Du den Brief geschrieben hast.

Liebe Grüße
Ruben

Lixium
16.04.2007, 20:07
Hallo freundin40

Von meiner Seite aus hast du auch alles richtig gemacht. Nur leider neigen Menschen, die mit ihrem Gewicht sehr unglücklich sind, dazu, solche eigentlich lieb gemeinten Dinge ins Negative umzuwandeln. :???:

Ich kenne das von mir selbst, als ich früher sehr stark übergewichtig war und eine Lehrerin meine Mutter fragte, ob ich denn aufgrund einer psychischen Erkrankung so dick wäre. Meine Mutter hat es mir erzählt - leider. Das hat mich damals so verletzt, dass ich diese Lehrerin dafür hasste, obwohl sie doch nur Gutes wollte. Ich wusste doch selbst, dass ich ein Problem hatte und wollte es auch mit blöden Sprüchen überdecken und sprach so ein Thema nie an, wollte es mit mir alleine regeln. :!:

Solche Menschen wandeln lieb gemeinte Dinge sehr schnell in das Gegenteil um und es wird sie sehr verletzt haben, vor allem, weil sie ihr Problem ja selbst erkannt hat und mit ihren lockeren Sprüchen ihren Frust überdecken wollte. :???:

Ich nehme an, sie wird sich die nächste Zeit nicht melden. Vielleicht könntest du ja noch einmal einen neuen Anlauf starten und mit ihr darüber reden, ihr vielleicht sogar Tipps geben oder beiläufig sagen, hey, wie wärs zum Beispiel mit diesem Forum hier? ~Schleichwerbung~ :roll:

Wie gesagt... du hast alles richtig gemacht, weil du ihr deine Gefühle und Gedanken geschrieben hast, wie es in einer Freundschaft eigentlich üblich sein sollte. Aber es ist eine heikle Situation... Biete ihr deine Hilfe an so oder du triffst dich mit ihr und sprichst nicht dieses Thema direkt an, sondern überlässt es ihr, ob sie darüber reden möchte. ;-)

Wünsch dir viel Erfolg dabei! :-))smilydaumendrück

freundin40
17.04.2007, 00:11
Hallo Ruben und Lixium,

lieben Dank für Eure Anteilnahme und Euer promptes feedback! Das hat mir schon sehr geholfen. Es hat mich ein Stück weit sicherer gemacht, weil auch Ihr mir versichert habt, dass ich soweit alles richtig gemacht habe.
Ich werde ihr auf jeden Fall die Zeit geben, die sie braucht, um eventuell wieder mit mir umgehen zu können. Wie lange das sein wird, werde ich sehen. Sollte sie sich tatsächlich sogar gegen unsere Freundschaft aussprechen, werde ich dieses Thema auf jeden Fall noch mal ansprechen. Aber das sind ungelegte Eier.
Mir schwebt ansonsten auch vor, dass ich ihr einfach sagen muss, dass sie es ihr nicht absprechen kann, ihr gegenüber auch mal meine Gedanken zu äußern. Alles andere wäre oberflächlich.

Ich denke eben auch, dass es zwar schwer ist, ganz "normal" mit dem Thema im Alltag ihr gegenüber umzugehen, in dem ich es versuche runter zu spielen, nicht zu erwähnen... Doch kann es nicht funktionieren, dass ich es von der Seite der Freundin aus überhaupt nicht auch mal selber anspreche.

Ich werde ihr jedenfalls nicht z.B. dieses Forum anbieten können, weil sie nicht Internet-bewandert ist. Ich entscheide mich auch dagegen, andere Beispiele der Informationsquellen ihr gegenüber zu erwähnen. Sie wiederholte es ja während unseres Telefonats, dass sie nicht um Hilfe gebeten hatte und darum auch keine wünschte. Ich werde mich daran halten. Bin ich da jetzt stur? Ich denke, ich verhalte mich deswegen so, weil ich ihr Problem nicht zu meinem machen möchte. Letztenendes ist sie selber allein für sich verantwortlich. Ich muss mir wahrscheinlich selber Grenzen stecken, um einen für mich gesunden Abstand halten zu können.

Was mir noch so durch den Kopf geht dazu..... Ich habe 5 Jahre lang sehr intensiv mit und an mir gearbeitet auf geistiger/seelischer Ebene und habe mich vor ein paar Wochen von dieser Arbeit auf eine Art verabschiedet. Die Frau, die mich auf diesem Weg ganz toll begleitet und unterstützt hat, und die ich anstatt "Therapeutin" meine "Seelengeburtshelferin" (SGH) nennen kann, ist ebenfalls mit meiner Freundin befreundet. Sie hat mir vor 3 Jahren ihre Adresse gegeben, da ich während ihrer Urlaubszeit eine Adresse brauchte, bei der ich viel Gutes für mich tun konnte. Dies war Fußreflexzonenmassage. Ja, so habe ich eben meine übergewichtige Freundin kennengelernt.

Wenn ich mal ein Thema habe, das neu auftaucht (oder natürlich auch Altes) und das ich nicht alleine bearbeiten möchte, darf ich mich weiterhin an meine SGH wenden. Einerseits würde ich mir von ihr auch gerne Rat holen und mit ihr meinen Part daran bearbeiten. Andererseits weiß ich nicht, ob das gut wäre, weil sie doch auch mit meiner übergewichtigen Freundin befreundet ist - und zwar schon sehr lange. Find ich alles kompliziert. Außerdem möchte ich auch nicht, dass sich meine Freundin hintergangen fühlt.

Oder bin einfach nur ICH komliziert??
Liebe Grüße
freundin40